Sonntag, 30. Januar 2011

Mein Heim

Mehrfach wurde ich nach meiner Wohnung gefragt, da allein das Wort Dachterrasse Interesse weckt und doch herausgefunden werden möchte, wie ich in bolivianischen Verhältnissen lebe. Vor meinem Abflug wurde mir selbst nur mitgeteilt, dass die Fundación eine Wohnung für mich gefunden hat. Mehr nicht. In meinem Sitz des Flugzeuges saß ich als grübelnd, wie meine neue Heimat nun aussehen wird. Als ich dann dorthin gefahren bin, konnte ich es kaum glauben, dass sie mich nicht reinlegen wollen. Doch die Müdigkeit zwängte mich dazu, einfach schlafen zu gehen. Der nächste ag sollte dann den Freudesschlag bringen.

Meine Strassenecke
Mein Haus liegt in einer recht wohlhabenden Gegend, was an den verzierten Häusern, mehreren Autos pro Familie und dem täglichen sowie nächtlichen Wachtpersonal einiger Hauseigentümer zu erkennen ist. Nichts desto trotz freuen sich auch Diebe immer mal wieder über reiche Beute. Denn wer etwas hat, dem kann es auch abgenommen werden. Die Straßen sind mit Zier- und Zitronenbäumen, Blumen und einem Park verschönert worden und werden auch regelmäßig gepflegt. Die eine Häuserecke naheliegende Kirche sorgt für die spirituelle sowie ein äußerst gut sortierter Einkaufsladen für häusliche Versorgung. Leider fehlt ein Obstladen. In 20 Gehminuten stehe ich im Zentrum der Stadt bezahle für die 5 Minutenvariante 1,50 Bolivianos (15 Cent). Von meiner Wohnung, speziell aus meinem Zimmer kann ich den Christus, der der größte der Welt ist, sowie das Stadion sehen und hören. Dort befindet sich auch meine Lieblingsbäckerei, die für hiesige Verhältnisse das beste Schwarzbrot bäckt. Es wird nämlich zur Abwechslung ohne Zucker und vielen verschiedenen Getreide- und Körnersorten zubereitet. Die Bäckersfrau brachte diese Rezepte aus ihrem Aufenthalt in den Niederlanden mit, weswegen noch so manch andere europäisch gewohnte Leckereien verputzt werden können. Hier kaufe ich auch täglich Brötchen für meine Arbeit Inti K’anchay ein. Mittlerweile muss ich schon immer auf die Uhr schauen, dass ich mich nicht mit ihr verquatsche.


Ausblick aus meinem Zimmer auf den Christus
Auf dem dreistöckigen Haus wurde anstelle eines einfachen Daches eine Dachterrasse mit drei kleinen Zimmern und Bad konstruiert. Der große überdachte Grill bietet gleichzeitig eine relativ regengeschützte Kochecke. Alles wurde sporadisch und funktional eingerichtet. Der Kühlschrank steht auf der Ablagefläche des Grills, darunter steht ein kleines wackeliges Drahtgestell, welches so einige Lebensmittel beherbergt. Auf der anderen Seite des Grills wurden ehemalige Postpakete der vorherigen Freiwilligen aus Deutschland zum Verstauen von weiteren Lebensmitteln und Gewürzen weiterfunktioniert. Davorstehend wurde ein Tisch mit zweiflammiger Herdplatte, wie sie mensch aus Campingwagen kennt und auch mit großer Gasflasche betrieben wird, als Kochecke vorgesehen. Unseren klappbaren Esstisch haben wir mittlerweile schon mehrmals umgestellt. Platz gibt es ja schließlich reichlich.

Johannes in unserer Kueche

Da in Bolivien nachwievor die Sorge besteht, dass eine Waschmaschine die Kleidung schneller kaputtgehen lässt, wird noch immer alles per Hand gewaschen. In den meisten Fällen fehlen aber auch einfach nur die finanziellen Mittel. Zwei Waschbecken mit Ablageflächen sollen uns zu diesem Abenteuer wöchentlich motivieren. Fehlgeschlagen! Im hinteren Teil der Wohnung sind zwei Leinen aufgespannt worden, wo wir die tropfnassen Klamotten in der Sonne brutzeln lassen können. Doch darf nicht vergessen werden, dass der Wind uns gerne Streiche spielt und wie ein kleines freches Kind, die saubere Kleidung mit Vorliebe runter reißt.

Meine Huette
Neben der Badezimmertür können in einem weiteren Klappergestell das frisch gespülte Geschirr verstaut werden. Dies ist der einzige winzige Ort, der durch einen kleinen Dachüberschuss vor dem Regen geschützt bleibt. Nichts desto trotz spülen wir jedes Mal Dreck von den Tellern, da Cochabamba zu den zehn luftverschmutzten Städten der Welt zählt. Die Gläser erscheinen nach paar Wochen wie 10 Jahre alte. Daher könnten wir jeden Tag zwei Mal alle Flächen fegen sowie wischen und doch keine Sauberkeit erzeugen. Putzen erholt daher nur bei psychologischem Geschick, denn das Auge dokumentiert eine andere Realität.

Bei Regen
Das Bad wurde mit dem Nötigsten ausgestattet: Klo, Waschbecken, Wage, Spiegel, warme! Dusche und einen Mülleimer für alle benutzten Papiere. Diese müssen dort unbedingt entsorgt werden, um keine Verstopfung leichtsinnig hervorzurufen. Das geht wesentlich schneller aus der Europäer es glaubt.

Ein Ausblick auf den Norden Cochabambas
Die drei Zimmer sind alle gleich ausgestattet: Harte und schon durchgelegene Matratzen auf einem Holzgestell, begleitet mit Holznachttisch und –Kommode, eine Tischlampe und Spiegel. Fliesenboden sorgt für bessere Sauberkeit. Meine beiden Mitbewohner Johannes und Helena können durch ihre Fensterfront auf die Wohnung schauen, während ich Intimität und Blick auf Cochabamba genieße.

Platz gibt es genug
Unter uns wohnt eine Familie mit einem kleinen Mädchen und Hund, der nicht mehr richtig hören kann und im Treppenaufgang auf 2qm eingepfercht mit seinen eigenen Exkrementen spielt. Mit der lieben Dame, in zweiter Bewohnergeneration bereits auch Hexe genannt, machten wir gleich recht zügig Bekanntschaft, da sie sich eines Abends über den unverhältnismäßigen Lärm des Gitarrenspiels beschweren kam. Unsere Beziehung hat sich seid dem nur noch weiter ins Absurde verändert. Mehrmals wollte sie in unserem Waschbecken einen Eimer mit Wasser auffüllen, was jedoch immer nur zu erledigen schien, als uns Freunde besuchten. Ohne unser Beisein, geschweige denn Zustimmung schickte sie heimlich geschossene Fotos unserer Wohnung an die Hausherrin, um sich über uns zu beschweren. Wir schmissen mehrmals monatlich Feiern, empfangen täglich Besuch von mindestens 10 bis 20 Menschen, mit denen wir Drogenexzesse feiern. Die Hausherrin ruft dann furchtbar besorgt aus den USA unten bei Doña Miriam an, die in ihrer Abwesenheit für das Haus zuständig ist. Gleichzeitig wirft sie für die Fundación auch ein liebevolles Auge auf uns. Ihre Tochter arbeitet dort als Buchhalterin und sie als Köchin im Restaurant „Kartoffel“. Unsere liebste Mieterin möchte nun bald ausziehen und die Besitzerin im Februar zurückkommen.

Cochabamba bei Nacht

1 Kommentar:

  1. ich muss dich leider enttäuschen, aber der christo de la concordia in cochabamba ist nicht mehr der größte der welt. die polen haben die bolivianer geschlagen und einen christus gebaut, der noch größer ist.

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