Donnerstag, 30. September 2010

Hochzeit auf bolivianisch


Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mir aus eigenem Antrieb ein Hemd gekauft! In Bolivien geht mensch dazu aber nicht in ein vornehmes Geschäft, sondern in den chaotischsten Markt Cancha. Hier kann alles gekauft werden: Von Klamotten, über Hundefutter, Hygieneartikel, bis hin zu Lebensmittel aller Art. Die Cancha erstreckt sich über mehrere Häuserblocks und nur Einheimische wissen, wo sich was befindet. Jeder Neuzugang verliert sich hoffnungslos in den unüberschaubar engen Gängen. Hier fand ich jedenfalls mein schwarzes, kurzärmeliges Hemd. Zum Glück wurde ich bei der Suche von der bolivianischen Freundin meines Mitbewohners unterstützt. Denn sonst käme ich bestimmt ohne Hemd nach Hause, da mich das Suchen und Verhandeln bereits wieder genervt habe. Zum Glück werde ich durch diesen Umstand mein Geld nicht für Kleidung ausgeben, sondern eher für Reisen o.ä.

Doch zurück zu dem Grund, warum ich mich in dieses Chaos freiwillig stürzen wollte: Eine Mitarbeiterin feierte am Wochenende ihre Hochzeit in einer nahegelegenen Provinz Cochabambas. Um genau zu sein in Cillacollo. Da hierzu die ganze Fundacion „Estrellas en la calle“ eingeladen war und solche Festlichkeiten traditioneller Weise drei Tage andauern, konnte ich mich auch nicht in „einfacher“ Gaderobe im Hintergrund verstecken. Letztendlich hat mich das Hemd 40Bs (ca. 4€) gekostet. Da in Bolivien nicht alle Menschen für gewöhnlich ein Auto besitzen organisierte die Fundacion einen Treffpunkt am Büro, damit das Team im Pickup nach Cillacollo fahren kann. Was für ein Anblick: festlich gekleidete Menschen sitzen auf einem alten und halb kaputten Pickup und düsen über die Landstraße. Gurte und Helme? Weit verfehlt! Als wir bei der Kirche ankamen, ging gerade eine andere Hochzeit zu Ende. Bereits hier konnte ich erneut das bolivianische Chaos beobachten. Während das frisch getraute Brautpaar unter einem Reisregen hinausstolzierte wurden  bereits die Blumen, Kerzenständer usw. hinausgetragen, die neuen Gäste nahmen in der Kirche platz, Photographen suchten ihre Gelegenheiten, auf der Straße fuhren Taxis und Trufis mit einem Hupgebrüll vorbei. Irgendwann erreichte diesen Tumult das Auto für das neue Brautpaar Beatriz und Oskar. Ein Oldtimer ganz in Weiß, mit bolivianischem Fahrer in weißem Sakko und eine Bar für die Eheleute. Der Geistliche laß stupide aus seinem Buch hervor, wechselte chronisch seine Plätze, suchte oft erneut seine Zeile und verfolgte das traditionelle Ritual: Lange und für mich noch unverständliche Reden, gespickt mit Gemeinschaftsgebeten und Klängen der mexikanischen Musikgruppe (Oskar ist gebürtiger Mexikaner), der Mann überreicht der Frau als Versprechen für immerwährenden finanziellen Unterhalt symbolisch Münzen und eine Kette wird um beide Hälse gelegt. Zum Abschluss wird das Paar von den Frauen mit Reis beworfen oder bei persönlichen Glückwünschen wird der Reis einfach ins Haar geschmiert. Also nix mit teurer Frisur, denn die wird nur wieder gut gemeint zerstört. Vor ihrem Oldtimer finden die Eheleute einen für sie extra abgesperrten Bereich, in dem sie den ersten von vielen Tänzen hinlegen sowie auch ihr erstes Getränk zu sich nehmen. Die Gäste werden in gemieteten Bussen zu den Festräumen kutschiert, während der Sakkofahrer zu für das Paar bedeutsamen Orten in der Nähe fährt, damit dort Fotos geschossen werden können. In der Hochzeit des Chefs der Fundacion hat dies mehrere Stunden gedauert, so dass die Gäste irgendwann einfach schon mit dem Mahl anfingen. Von daher blieb es spannend, wann Beatriz und Oskar eintreffen werden.

Der Festsaal lag nur wenige Straßen weiter weg. Eine große Halle die Festlich geschmückt und vielen Tischen bestückt war, so dass in der Mitte eine Fläche zum Tanzen übrig blieb. Am hinteren Ende wurden kunstvoll mit Luftballons die Initialen der beiden in grün/weiß aufgehangen, daneben fand mensch eine zum Teil hängende Konstruktion für die vier Hochzeitstorten. Die Fundacion ließ sich an zwei Tischen nieder und begann recht zackig die Ron- sowie Sanganiflasche (bolivianischen Schnaps) zu öffnen.

 An dieser Stelle erscheint es mir wichtig zu erwähnen, dass ein starker aber gesittet-ritueller Alkoholkonsum hier typisch erscheint. Der Ritus fängt bereit im Keim an: Zu Einladungen erscheint der Besucher stets mit einem Gastgeschenk. Dazu eignet sich natürlich am besten eine Flasche Alkohol. Allein wird nie getrunken! Mensch schenke zunächst allen anderen Gästen ein, dann sich selbst. Bei jedem Schluck stößt mensch mindestens mit einer anderen Person ein, wenn nicht mit der ganzen Mannschaft. Bei zwei großen Tafeln kann dies aber auch bedeuten, dass ersten kontinuierlich angestoßen wird oder aber auch direkt zweimal hintereinander, da manche Gäste etwas verzögert mitbekommen, dass die Gläser gehoben wurden. Schenke nie dir selbst ein, denn du musst von einer anderen Person eingeladen werden, die durch Empathie wissen muss, welches Getränk du jetzt zu dir nehmen möchtest. Bei kleineren Runden schenkt immer die gleiche Person ein, bis sie ihre Aufgabe abgibt. Einladungen können selbstverständlich nicht abgelehnt werden. Wer angibt, dass er lieber mehr von dem Mischgetränk (z.B. Saft oder Limonade) zu sich nehmen möchte, wird mit einem freundlichen bis hin zu z.T. spöttischem Lächeln ignoriert. Dies erscheint vielleicht furchtbar kompliziert und als komplexer Verhaltenskodex, doch im Grunde wird nur Achtsamkeit für seine Mitmenschen, Gemeinschaft und Fürsorge verfolgt. Deswegen fällt mir die Umstellung auf solche Sitten nicht schwer.

Doch zurück zum ersten Festtag. Das Brautpaar ließ zum Glück doch nicht lange auf sich warten und betrat den Saal mit einem tosenden Applaus aller Gäste und ordentlich zackiger Musik der Liveband. Da Tanz in Bolivien zu einem festen Bestandteil aller Festlichkeiten gehört, mussten die beiden auch sofort einen gemeinsamen Tanz hinlegen. Dabei wurden alle traditionellen Tänze durchgegangen. Anschließend mussten die Partner jeweils mit der engsten eigenen Verwandtschaft und der des anderen tanzen. Zwischendrin reichte der Kellner stets ein Erfrischungsgetränk -Bier natürlich. Während dessen fanden wir heraus, dass heute Abend kein Essen serviert wird, sondern erst morgen. Da wir aber alle auf ein gewohnt gigantisches Festmahl eingestellt waren, quälte uns bereits der Hunger. Die tonnenweise aufgedeckten Chips konnten dem nicht entgegenhalten. Zum Glück lag eine Tür weiter eine kleine Imbissbude, in der wir uns sattessen konnten. Der weitere Verlauf des Abends war recht simpel strukturiert. Getrunken wurde pausenlos und ansonsten wechselten sich Tanz- mit Ausruhsequenzen ab. Wie bereits angesprochen, wird hier das Tanzbein ständig geschwungen, jedoch mit einigen Besonderheiten. Grundsätzlich verfolgt mensch hier die Idee des Paartanzes (wobei ich auch schon mehrfach zwei Frauen miteinander tanzen sehen habe). Da diese Saal den entsprechenden Platz liefern konnten, wurde die zweite grundsätzliche Idee auch verfolgt: Paartanz in Reihe. Sprich, es stehen sich zwei Reihen an Tanzpartner gegenüber, dir mehr oder weniger die gleichen Bewegungen vollziehen. Denn Bolivien bietet eine Menge traditionelle Tänze an, dir allgemein in ihren Schritten bekannt sind, jedoch nur auf einem Basislevel. Was für mich nichts desto trotz bereit extrem schwierig ist, da ich die Tänze noch nicht raushören kann, als auch mir die passenden Schritte gemerkt habe. Doch als Europäer wird mir das unterstützend verziehen und lerne damit bei jeder Feier immer mehr dazu. Grundsätzlich muten die Schritte immer sehr an Salsa o.ä. an. Damit die Menge nicht verdurstet kommt immer mal wieder ein Kellner mit einem nach der Farbe zu urteilen giftig wirkenden und alkoholischen Erfrischungsgetränk rum.

In den Ruhepausen werden dann die Chips mit Rum oder Sangani runtergespült, geplaudert, zaghaft versucht manch zu stark alkoholisierte Mitmenschen (z.T. auch Freiwillige) auszubremsen, gelacht, Fotos geschossen. Der Pickup sollte uns zum Glück mit einem verantwortungsvollen Fahrer, der den ganzen Abend kein Alkohol zu sich genommen hat, wieder in die Stadt bringen. Als wir gerade aufbrechen wollten, wurde jedoch die Torte angeschnitten, welche extrem süß aber lecker war. Denn die einzelnen Lagen bestanden nicht aus chemischer Creme, sondern aus ordentlichen und geschmackvollen Bestandteilen. In alter Tradition ging es auf der Ladefläche zurück in die Stadt. Zudem ist es hier so üblich, dass mensch sich gegenseitig nach Hause begleitet, um sicher zu gehen, dass auch jeder ohne Zwischenfälle dort ankommt. An normalen Abenden wird dafür ein Taxi zusammen genommen, welches dann alle Häuser abfährt. An diesem Abend fuhr Oscar jeden vor die Tür und wartete natürlich solange, bis das Schloss wieder zugeschnappt hat. Wenn ich manchmal nachts ankündige, dass ich zu Fuß alleine nach Hause gehen werde, weil ich relativ nahe wohne, werde ich entsetzt angeschaut und förmlich angefleht mit in das Taxi zu steigen. Sollte ich aber auch kein Geld mehr haben, um etwas dazu zu geben, stört das niemanden, eher sind alle froh, dass ich zur Vernunft gekommen bin und mit dem Taxi mitfahre.

Die Party geht weiter, und mensch sollte nicht denken, dass dies in weniger heftig abläuft nur weil Sonntag ist und morgen früh alle arbeiten müssen. Mir wurde erklärt, dass Bolivianer einfach nicht wenig trinken können. Ganz nach dem Motto: Alles oder gar nix. Diesmal trafen wir uns in der Stadt, um anschließend gemeinsam in zwei verschiedenen Trufis loszufahren, jedoch mussten wir insgesamt 90min warten, bis alle am Treffpunkt eingetrudelt waren. Wir verabredeten uns schließlich zu um 6 nach bolivianischer Uhr, da kommt so etwas schon mal vor, zum Leidtragen alle peniblen Deutschen. Ich dachte ja, dass heute Abend vielleicht nur Bier auf den Tischen stehen wird, anstelle der Liköre, doch weit verfehlt. Heute gab es wieder beide hochprozentige Getränke plus Unmengen an Bier. Wieder musste das Ehepaar etliche Tänze durchgehe. Diesmal aber nur Wienerwalze im Wiegeschritt des langsamen Walzers. Anschließend wurden die Geschenke von den einzelnen Freundesgruppen bzw. Familien hereingetragen. Dabei handelte es sich stets um Haushaltsgeräte. Mir wurde verraten, dass es üblich ist, dass das frische Ehepaar Geschenke für ihr neues Heim im Gegenwert ihrer Feier überreicht bekommt. Deswegen stand am Ende der Zeremonie auch eine ganze Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer in der Halle -vom Design her bundgemischt. Welch ein herrliches Festmahl! Gewohnt riesige Portionen aus gebackenem Käse mit Reis, Kartoffeln, Remoulade, zwei Steaks und einem Nudelsalat. Beim Essen wird eher weniger gesprochen, da alle damit beschäftigt sind, den Essensberg in sich hinein zu spachteln. Unterhaltungen können ja schließlich auch anschließend mit einem Bierschwall vorgesetzt werden. Natürlich tanzten, tranken und lachten wir auch wieder viel. Nur das Ehepaar verfiel ein wenig in Stress, denn sie mussten nun an jedem Tisch rumgehen und mit ihren Gästen anstoßen. Dazu wurde jeder Tafel ein Kasten Bier gereicht. Selbstverständlich stieß jeder mit ihnen freudigst an und forderte, dass die beiden ihr volles Glas auf einmal austranken. Welch ein Durst braucht das Paar bei mehr als 20 Tischen? Die Müdigkeit vom Vortag waren irgendwann allen anzusehen, trotzdem getraute sich niemand so recht, den Abend für sich zu beenden, bis schließlich gegen kurz nach Mitternacht endlich der gemeinsame Entschluss gefasst wurde, loszugehen. Bis sich aber alle ausgekäst hatten, dauerte dies natürlich noch ein wenig.

Alle guten Dinge sind drei! Doch diesmal nicht für mich. Nach der Teamsitzung am Montag besprach ich mich noch mit meinem Mitbewohner Johannes und einem Freund von der Arbeit, ob wir hinfahren würden. Später am Abend entschlossen wir uns dann dagegen, da wir alle vom Wochenende sehr erschöpft waren und morgen schließlich auch wieder arbeiten müssen. Doch ich bin mir sicher, dass es an diesem Abend wieder reichlich Bier, Rum und Singani, gemischt mir einem Festmahl und reichlich vielen Paartänzen in Reihe gegeben hätte. Was mich erstaunte, war, dass die Braut bereits nach einem freien Tag nach ihrer Party auf Arbeit erschienen ist. Anscheinend geht es hier nicht direkt nach der Hochzeit in die Flitterwochen.

Sonntag, 12. September 2010

Erste Eindruecke

Mein erster Tag: Am Donnerstag wurde ich gefragt, ob ich nicht Lust hätte am Freitag direkt mit Johannes arbeiten zu gehen. Fußball stünde auf der Tagesordnung. Klar, deswegen bin ich doch hergekommen. Am Abend wurde ich dann gefragt, ob ich nicht mit tausenden (Kultur)Eindrücken überrannt sei. Doch fangen wir von vorne an: Mein erstes Frühstück genoss ich mit einem traumhaften Ausblick auf die Stadt und das Wahrzeichen EL CRISTO auf der Dachterrasse. Anschließend gingen wir los, streckten an einem chaotisch überfüllten Kreisverkehr die Hand heraus, um in ein besagtes Truvi der Linie 110 einzusteigen. Truvis sind so umgebaute, normale Autos, dass möglichst viele Menschen in ihnen Platz haben, sie sich aber trotzdem durch ihre kleine Größe bequem im Straßenverkehr zurechtfinden. Combis oder Kleinbusse sind hierfür sehr beliebt, zum Teil aber auch normale Fünftürer. Doch jetzt die spannende Frage: Wie viele Menschen können in einem Kleinbus transportiert werden, inklusive Gepäck? In Deutschland überstiege diese Anzahl nicht den einstelligen Bereich. In Bolivien sprechen wir hier von bis zu zwanzig Menschen, wenn nicht noch etliche auf dem Dach Platz finden sollten. Dies konnte ich jedoch nur einmal beobachten. Diese kleinen mit Menschen verstopften Tanker düsen dann durch die Stadt, folgen ihrer Route, die Mensch nach einer Zeit kennt und lassen einen rein und raus, wann immer Mensch möchte. Für ganze 15Cent kann ich diesen Zirkus miterleben.


Nach dem wir ausgestiegen sind, kreuzten wir Straßen, bei denen ein dt. Verkehrspolizist Suizid begehen würde oder einfach überfahren werden würde. Vom Büro der Organisation „Fundacion Estrellas en la calle“ aus fuhren wir in einem PickUp zu einer Straßenkindergruppe, um sie mit zum Fußball zu nehmen. Diese Gruppe verdient Geld durch Scheibenputzen an der Avenida America. Dort holten wir sie ab, indem sie einfach aufsprungen, immer wieder anhielten, damit auch die Hunde einsteigen können. Doch wo sollen ca. 15 Kinder, 4 Hunde und 7 Mitarbeiter in einem PickUp Platz finden. 5 vorne und der Rest hinten auf der Ladefläche. Beim Fußballspielen auf dem Sandfeld merkte ich zum ersten Mal die Höhenunterschiede zu Deutschland, denn bereits nach 15min recht aktiven Spielens musste ich durchatmen und immer öfter Pausen einlegen. Als der schon eh sehr lädierte Fußball platzte, fing ein Freiwilliger mit ein Paar Übungen in Capoeira an. Anschließend fuhren wir durch die Stadt zu einem Markt um Essen zu kaufen. Nach einer weiteren Fahrt zu einem Park wurde Suppe, Brot und Saft verteilt und zunächst eine Danksagung fürs Essen gesprochen und, jeder der wollte, konnte Niko mit einer Dankesrede nach Deutschland veranschieden. Doch jetzt kommt Pointe: Während wir da z.T auf der Bank sowie dem Straßenboden saßen, aßen wir die Suppe und den Saft aus normalen Plastiktüten. Von den Jungs schaute ich mir ab, wie Mensch eine heiße Suppe aus eine dünnen Plastiktüte isst. Der obere Knoten wird weiter nach unten versetzt und in eine Ecke ein Loch gebissen. Anschließend muss die Suppe nur noch durch dieses Loch geschoben/gesaugt werden.

Nachdem die Jungs nach Hause oder zur Avenida America gebracht wurden, fuhr ich mit einem anderen Freiwilligen Metteo und Oskar, dem Projektleiter für Coyera zu dem Büro des Projekts Coyera. Dieses wird zurzeit noch zu ende gebaut und liegt in einem sehr verarmten Stadtteil. Sandstraßen, Straßenhunde, überall rumliegender Müll, Toilettenabwasser, Lehmhütten und einfachste Häuser bilden hier eindeutig das Straßenbild. In dem Projekthaus räumten wir dann einen Raum auf, damit dieser ab sofort genutzt werden kann.

Abends kamen dann zwei Mitarbeiter bei uns zu Hause vorbei. Dort tranken wir zunächst ein bisschen bolivianisches Bier, lernten viel über bolivianischen Gewohnheiten: Zunächst wird eine Art Gastgeschenk mitgebracht, möchte ich mir Bier nachschencken, Fülle ich zunächst die anderen Gläser ein und stoße stets mit SALUD an, ständig. Die K'oa findet jeden ersten Freitag im Monat statt und dient zur Ehrung PACHAMAMAs (Mutter Erde). An öffentlichen Plätzen wird dann ein Feuer entfacht, um dass sich alle herumstellen und das traditionelle Maisbier Chicha, welches in traditionelle Brauart mit Speichel gebraut wird, getrunken. Dabei wird vorm oder nach dem Trinken ein kleiner Schluck in vier Ecken des Feuers getropft. Um seinen Dank und Respekt aber gebürtig zu zollen, muss sich Mensch hinhocken. Dann reicht Mensch diese Trinkschale weiter. Selbstverständlich bedankt sich der Annehmer dafür. Spät in der Nacht wollten wir dann mit einer PLATA POLLO (Hünchenteller) unseren Hunger stillen. In der Nähe lag eine Straßenrestaurant. Sprich eine alte CHOLITA führte einen kleinen Imbiss, der sein Essen auf der Straße anbietet. Für 50Cent wurde auf einem Teller mit Reis und Kartoffeln, welche mit einem Fladen Hühnchen (dünner als ein Schnitzel) abgedeckt werden. Als Sahnehäufchen wird ein Ei oben raufgeschlagen. Dies kann dann je nach Belieben mit Ketchup, Senf und einer typischen scharfen Soße verfeinert werden. Nebenbei noch gesagt fuhren wir den ganzen Abend mit Taxis, die pro Fahrt maximal 2 Euro gekostet haben. Wie bereits oben erwähnt, wurde ich auf de K'oa gefragt, ob ich nicht mit Kultureindrücken vollgespeißt sei.

Eine Reise ins Nirgendwo.

Der Reiseplan war geschmiedet und sollte an die 36 Stunden dauern, um einmal um die halbe Welt zu reisen. Welch ein Abenteuer! Nach den scheinbar endlosen Verabschiedungen brachte mich der hoch moderne ICE der DB zum Frankfurter Flughafen. „Die Ruhe vorm Sturm“. Obwohl die deutsche Kultur bekannt für ihre Ordnung und Schilderliebschaft ist, bedeutet dies noch lange nicht, dass Mensch sich so einfach auf dem Flughafengelände zurechtfinden wird. Doch schon bald fand ich meinen Schalter der TAM-Fluggesellschaft und gab meine 23kg Gepäck auf, entspannte mich mit Filmen in einem Café und telefonierte noch ein letztes Mal von deutschem Boden aus. Gegen 22 Uhr hob dann der Riesenvogel ab und brachte unzählige Menschen nach Sao Paulo. Unterwegs wurden unentwegt Getränke, Mahlzeiten, Putztücher serviert. Welch ein Service die Flugbegleiter doch auf die Beine stellen. Doch leider funktionierte mein Fernseher nicht, wodurch ich auf dem 11 stündigem Flug keine Filme, Musik oder Spiele genießen konnte. Der späten Stunde geschuldet schlief ich dadurch einfach die ganze Zeit über. Der Flughafen der Giga-Stadt Sao Paulo möchte Mensch sich vielleicht riesig erdenken, doch in Wahrheit wird viel Verwirrung auf wenig Raum gestiftet. Die Dinge laufen in Lateinamerika einfach anders. Schilder, Richtungsweise werden z.T. aus Papier ausgehangen, wichtige Orte spärlich bis hin zu gar nicht markiert. Glastrennwände erhöhen den Verwirrungsfaktor. Doch genau das gehört zu einem Auftakt zu einem Abenteuer, ebenso die rumwuselnden Traktoren und alten T1/T2 VW-Busse auf dem Rollfeld. Nach durchstoßen der Smog-Glocke Sao Paulos und einer weiteren Mahlzeit verlor ich mich erneut, nur diesmal in Assuncion. Dieser winzige Flughafen bietet wenig Weg, um herausfinden zu können, von wo der Anschlussflug startet. Das ich falsch sei, viel mir erst auf, als ich in der Schlange zur Einreise stand. Papierschilder, ein Harfenspiele, ein Junge, der seine Dienste im Schuhe putzen anbietet sowie Traktoren aus der Kolonialzeit stimmten mich immer weiter auf Bolivien ein. Der Anschlussflug, der direkt nach Cochabamba fliegen sollte, landete planmäßig in Santa Cruz zwischen, um Reisegäste aussteigen zu lassen. Der internationale Flughafen Cochabambas liegt wie die Stadt in ein Tal, umgeben von 5000m hohen Bergen. Dementsprechend amüsant gestaltet sich die Landung, da das Flugzeug kreise drehen muss, um Höhe zu verlieren. Zwischen den Bergen! Vor Ort wurde ich von zwei Mitarbeitern abgeholt und in mein neues Heim gebracht. Leider ist das Trinkwasser Cochabambas dermaßen stark kontaminiert, dass es niemand unabgekocht genießt. Um meine Dehydrierung und die dazugehörigen Kopfschmerzen kurieren zu können, musste ich nach 36h noch ein wenig Geduld haben, bis mein neuer Mitbewohner Johannes von der Arbeit kommt, und mir zeigen kann, wo es Wasser zu beschaffen gibt. Endlich kann ich mich schlafen legen!!!