Mit Absicht hatte ich mir für Silvester nichts vorgenommen, denn aus den Jahren davor musste ich schmerzhaft lernen, dass kurz vor knapp immer noch Einladungen eintrudeln. Diesen konnte ich sonst nie nachkommen. Außerdem wussten alle meine Freunde selbst noch nicht, was sie machen werden. Planen wollten sie auch nix im Voraus. Abwarten hieß also die Devise, was mir sehr entgegen kam. Am Nachmittag hatten wir spontan Capoeira, wofür Matteo extra angekündigt hatte, dass es hart wird, da wir nach drei Monaten dann doch auf das nächste Level steigen müssten. Bei einem Bier danach lud er mich zu der Krankenschwester der Fundación Barbara ein, falls ich am Ende doch nichts vorhaben sollte.
Vorher rief mich mein Kumpel Fernando mitten in einem Telefonat an und schrieb mir, dass er doch schon aus Santa Cruz zurückkommen wird und gerne mit mir feiern möchte. Als ich dann bei heftigstem Regen, den ich je in Cochabamba gesehen habe, bei mir zu Hause saß (vorher watete ich durch knöchelhohes Wasser, da der Abfluss durch eine Tüte verstopft war), konnte ich niemanden erreichen. Entweder hieß es, dass das Handy nicht gefunden werden kann oder niemand antwortet. Da wir seid tagen auch kein Gas mehr zu Hause haben, da seid langem keine Gasflaschen an die Läden geliefert wurde, wollte ich nicht mit Hunger bis spät in die Nacht warten. Somit fuhr ich mit Matteo Richtung Quillacollo. Doch leider war ich dort mit Abstand der jüngste und fühlte mich auch so. Alles ging sehr erwachsen/gesittet zu. Später wurde der Grill angeschmissen, weswegen wir, auch wenn es himmlisch lecker war, erst gegen 23.45 Uhr aßen. Mein Hunger brachte mich vorher fast um. Doch wie es sich bei Italienern so gehört, gab es zum Abschluss einen leckeren Espresso. Danach schwenkten wir über zur bolivianischen Kultur: Verbrannten in der K’oa ein Papier mit Wunschtafeln aus Zucker, einigen Kräutern und sträubten darüber einige Coca-Blätter.
Dann kippte jeder in die vier Ecken puren Alkohol und stieß mit dem Rest mit pachamama an. Dabei durfte jeder dann auch eine kleine Rede halten. Schlussendlich wurde Singani ausgepackt, während ich endlich meine Freunde erreicht hatte. Einige waren mit ihren Familien unterwegs oder auf dem Weg in eine Disko mit 100Bs Eintritt. Fernando war auf einer Party, zu der ich später noch dazu stieß. Sie saßen alle ums Lagerfeuer herum und hörten den Trommelklängen zu. Wenig wurde gesprochen, pure sowie warme Liköre gingen rum und einige kauten auf ihren Coca-Blättern herum. Zwecks Essenssuche ging ich irgendwann mit Fernando loß, wobei uns ein amerikaner mit super starkem Akzent begleitete.
Als er herausfand, dass ich Berliner bin, zählte er mir all seine politischen Arbeitsgruppen weltweit auf. Es wusste aber trotz seiner politischen Fachkenntnisse nicht einmal annähernd, wann die Mauer gefallen ist, denn er fragte mich immer wieder, ob ich im Ostteil geboren wurde. Schlussendlich interpretierte er aus meiner Antwort, dass ich aus Berlin komme und es nur eins gibt, dass ich die Vergangenheit leugne und vor alle den Kapitalismus aus dem „Westen“ vorziehe. Energisch griff ich in seinen fünfminütigen Monolog ein und erklärteihm, dass der Mauerfall exakt 21 Jahre her ist und die Menscheit sein langem schon angefangen haben muss zu erkenne, dass es nur noch ein Berlin gibt und der Rest aus den Fingern gesaugt ist. Doch bis dies ein äußerst selbstüberzeugter Saufbold versteht, hat ein Baby schon die Logarithmus-Rechnung verstanden.
Ohhhhh, krass. Ich vermiss dich! Aber hier in der schweiz rockts voll! Hab Sylvester am 1.1. um 1.00 Uhr nachgefeiert, weil wir vorher arbeiten mussten!
AntwortenLöschenIch find deine Mail adresse nicht und ich muss dir dringend schreiben! meld dich mal per mail bei mir... Jette