Dienstag, 26. Juli 2011

Geburtstag


Meinen Jahrestag hatte ich mir oft neu vorgestellt. Große Feier? Ganz ruhig und im Stillen mit den engsten Freunden? Alleine durch die Stadt spazieren? Verreisen? Im bolivianischen Stil eine Woche lang durchsaufen? Alles hörte sich immer wieder toll an und begeisterte mich für sich. Am Ende stellte sich heraus, dass uns Feten in unserem Heim nicht mehr gestattet sind, da Johannes Geburtstagsfeier für die Nachbarn aus dem Ruder gelaufen sind. Es sollen Flaschen, Teller und Gläser von der Terrasse geschmissen worden sein. Als Konsequenz dürfen wir keine Festlichkeiten mehr abhalten, sonst ziehen wir aus und die neuen Freiwilligen dürfen dort auch nicht mehr wohnen. Mit eingezogenem Schwanz dachte ich also um -keine Feier mit viel Chicha vom Land, schade. Recht spontan plante ich mit Mia für die voranlaufende Woche eine fünftägige Reise Richtung Santa Cruz und dem Nationalpark Amboró. Viel Zeit für Vorbereitungen gab es also auch nicht. Die Woche davor feierte eine gute Freundin von mir ihren Geburtstag mit einem großen Abendbrot bei sich zu Hause. Dazu wurde ein Schwein aus der eigenen Zucht (Verkaufswert von min. 300US$) geschlachtet und köstlich zubereitet. In Bolivien wird das Ausmaß eines Gerichts mit seinem passenden Trank als Zeichen für cariño (Liebe, Zuneigung) verstanden. Geiz ist hier also nicht willkommen. Wer seine Freunde einlädt -oder welche Gäste auch immer-, der spart nicht. Das geht gegen jegliche Gastfreundschaft und kann auch so verstanden werden, dass mensch nicht willkommen oder gemocht sei. Schon seid Beginn meiner Zeit hier, wurde mir immer wieder von vielen Stellen gesagt, dass ich ein Händchen für die Küche habe, auch wenn ich sie in einem zerstörerischen Chaos verlasse. Somit besprach ich in meiner Reise mit Mia, welches Gericht ich zubereiten werde. Sie musste nicht lange überlegen: Lasagne! Doch diesmal sollte es eine vegetarische werden, schließlich weis ich nicht einmal, wo ich hier gutes und hygienisch sauberes Fleisch kaufen kann. Zudem können somit alle essen. Mit vielen großen Geldscheinen tauschte ich alles auf dem Markt ein und füllte meinen Beutel, bis er schwer wurde und mit Lebensmitteln überlief. Später kam noch ein bisschen Wein dazu. Nach unserem letzten Mal Capoeira mit Matteo sprintete ich zu Mia nach Hause, da dort alles stattfinden sollte. Bei mir zu Hause wäre es den meisten nachts zu kalt. Kilos von allmöglichen Lebensmitteln wurden von fleißigen Helfern geschnippelt und von mir zu zwei monströsen Soßen zusammengefügt. Wird es aber auch für alle reichen, Bolivianer essen schließlich viel und gerne? Damit sie auf jeden Fall satt wurden, kamen noch einige Kartoffeln in die Soße dazu. Die wird schon stopfen. Mit Salatblättern wurden die Teller ausgeschmückt. Den Nachtisch stellten zwei von Freunden mitgebrachte Kuchen und ein selbstgebackener dar. Mit Wein und ein bisschen Chicha, die ich allen einschenkte, ging alles gut den Rachen runter. Ein wirklich toller Abend. Am Ende wesentlich ruhiger als eine Fete, doch ebenso toll. Alle bedankten sich für die gute Mahlzeit und den tollen Abend. Nur leider musste ich meine eigene Schlacht in der Küche beseitigen. Am nächsten Morgen aßen wir zu meiner Ehren salteñas in Inti K’anchay und ich hörte nun bereits zum fünften Mal mein Geburtstagslied.

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