Mittwoch, 6. April 2011

Zwischenbericht II

Seid meine letzten Zwischenbericht hat sich viel Verändert. Kulturelle und soziale aber vor allem professionelle Erfahrungen sind dazugekommen. Gedanken und Standpunkte haben sich verschoben. Durch eine ausführlich Reflexion und umfassenden Personalwechsel konnten wir als Team gemeinsam das Chaos und Desorganisierung verlassen hinzu zweckmäßigen und umfassenden Arbeiten. Die Fundación Estrellas En La Calle ist nun wesentlich weiter auf dem Weg vorangeschritten ihre Vision zu erreichen. Gleichzeitig kann ich nun in meinem Beruf vollwertig arbeiten und werde darin immer weiter gefordert. Ich habe meinen Platz gefunden und setze eigene Ideen um. Dies geht soweit, dass ich mich in Teamsitzungen stark für z.T. eigene Ideen einsetze und für mich dadurch weiterführende Arbeitsbereiche und Verantwortlichkeiten entstehen, als sie anfangs vorgesehen waren. So muss Arbeit sein. Jetzt entspricht sie trotz noch immer greifenden kulturellen Unterschieden meinen Vorstellungen und lässt mich friedlich zu Bett gehen.

Zudem kam ich mit neuer Energie aus meinem Zwischenseminar zurück ins Projekt, die bis heute noch allen zu Gute kommt. Wir tauschten uns viel über unsere stark voneinander unterscheidenden Leben und Arbeitsstellen aus und den dazugehörigen Erfahrungen. Bei Bedarf konnte auch Rat in der Gruppe gefunden werden. Doch am angenehmsten war es, dass ich in Einzelgesprächen viel über die anderen erfuhr und gleichzeitig meine eigene Zeit als entwicklungspolitischer Freiwilliger reflektieren konnte. Dabei fielen mir viele professionelle Aspekte auf, die ich verstärken oder ändern wollte. Im Zuge dessen bemerkte ich erneut Unterschiede der Arbeitstechniken und Grenzen meiner Arbeit.

Am Ende meines zweiten Quartales erhielt ich eine E-Mail von YAP-CFD, in der mir mitgeteilt wurde, dass sich die Bundesregierung dazu verpflichtet hat ihre Entwicklungshilfe von momentanen '0.35 Prozent auf ganze 0.7 Prozentpunkte ihre Wirtschaftskraft' aufzustocken. Im ersten Moment freut mich dies sehr zu hören. Denn aus weltweiten Nachrichten, Erzählungen meiner Mitmenschen und meinen eigenen Erfahrungen weis ich sehr gut, wie sehr verschiedene Länder unserer Welt Unterstützung benötigen. Durch Kolonialisierungsprozesse und noch immer beeinflussende kapitalistische Marktstrukturen fällt es vielen Ländern dieser Erde schwer, sich aus ihren z.T. eingefahrenen Positionen und internationalen Abhängigkeiten selbstständig heraus zu manövrieren. Doch stellt sich für mich die Frage, ob dies mit einem noch größeren Übermaß an unausgebildeten jungen Freiwilligen geschehen kann. Auch in unserem Zwischenseminar stellten wir fest, dass unsere Arbeit kleinste Früchte trägt und dies auch nur bei großer Anstrengung. Wer diesen Dienst zu rein egoistischen Zwecken benutzen möchte, freut sich sehr über sein staatliches Teilstipendium. Veränderungen können über große Zeiträume hinweg gesehen werden.
Leider beherbergen viele mir bekannte Arbeitsstellen mehr Freiwillige, als sie an eigenem Personal beziehen. Wo bleibt da integrative Arbeit zum Nutzen der lokalen Bevölkerung? Bringen unerfahrene Freiwillige so einen großen Nutzen mit sich, als dass sie so monopolisiert eingesetzt werden sollten oder stellt das Geld einfach nur die Attraktivität dessen dar? Wazlawik schrieb in seinem Buch „Die Anleitung zum unglücklich sein“, dass „mehr des selben“ nicht zwingend einen höheren Erfolg mit sich bringt. Auch muss die Art und Weise betrachtet werden. Denn einer im Internet kurierender Scherz besagte, dass das BMZ fürs kommende Jahr alle weltwärts-Stellen mit sofortiger Wirkung gestrichen hat, da die Unnützlichkeit und Fehleinsetzung von Freiwilligen ihre Finanzierung nicht mehr rechtfertigen könne.  Natürlich stellt dies eine Extremposition dar. Doch erzählt sie auch ein Stückchen Wahrheit, die sehr genau evaluiert werden muss, bevor deutsche Ministerposten wohltätig kundtun, welche Fürsorge Deutschland für andere Länder übrig hat. Da in unserem momentanen wirtschaftlichen System beständig eine Kosten-Nutzen-Rechnung erstellt wird, sollte dies auch in diesem Bereich erstellt werden.

Ich möchte hiermit nicht ausdrücken, dass entwicklungspolitische Freiwillige keinen Nutzen bringen, denn schließlich merke ich jeden Tag, welche Veränderungen und Unterstützungen ich täglich in meiner Arbeit erwirken kann. Ansonsten wäre ich auch äußert unzufrieden. Wie in meinem professionellen Leben auch spielt affektive Evaluierung eine Schlüsselrolle.

3 Kommentare:

  1. Henry!
    Ich glaube, dass das mit dem Engagement der Bundesregierung in der Entwicklungszusammenarbeit etwas anders aussieht: Ziel sind nicht sieben Prozent des Haushaltes, sondern NULL KOMMA sieben Prozent des BIP. Das Ziel steht schon seit einigen Jahren fest, was aber nichts daran ändert, dass wir bei rund 0,4 Prozent liegen.
    Grüße nach Cocha!
    Chao,
    Simon

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  2. Das klingt ja echt positiv. Und ich muss sagen, dass ich äußerst gespannt bin auf den Bericht von Johanna ;)
    Liebe Grüße aus Berlin

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  3. Simon vielen Dank. Ich habe noch einmal rescherchiert und dabei so wie du festgestellt, dass es wirklich nur 0,7 Prozent sind.
    Dementsprechend habe ich meinen Artikel geaendert.
    Meine KRitik aendert sich dadurch aber nicht.

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